Propst: „Wir müssen uns bewegen“
Propst Thomas Berkefeld referierte zur Zukunft der Kirche vor der Kolpingsfamilie Tiftlingerode
Tiftlingerode. „Die Zukunft der Katholischen Kirche im Eichsfeld“ hieß das Thema eines Vortrags- und Diskussionsabends der Kolpingsfamilie, zu dem sie Domkapitular und Propst Thomas Berkefeld eingeladen hatte. Dabei zeichnete Berkefeld ein ungeschminktes Bild und prognostizierte, dass es voraussichtlich nur noch 40 Priester im Jahre 2040 in des Diözese Hildesheim geben werde. Allein bis 2035 werde die Zahl der pastoralen MitarbeiterInnen halbiert. Der Propst wörtlich: „Sollen wir angesichts dieser Entwicklung verzagen oder Hoffnung zeigen?“
Die Kirche sei nicht um ihrer selbst willen da, sondern sie habe eine Sendung zu erfüllen. Ihre Aufgabe sei die Verkündigung des Glaubens und deshalb liege ihre Zukunft auch bei jedem Einzelnen. Als ein großes Problem bezeichnete Thomas Berkefeld in diesem Zusammenhang die große Sprachlosigkeit der Gläubigen. „Wir haben die Fähigkeit verloren, über unseren Glauben zu reden. Wir sind kaum noch in der Lage, anderen zu erzählen, was wir glauben und warum wir glauben. Wir sprechen nicht mehr in unseren Familien über Gott, wir fragen nicht und wir erklären nicht.“ Deshalb sei es eminent wichtig, wieder ins Gespräch über den Glauben zu kommen und Antworten zu geben. „Wir sind, was wir waren“, so die Diagnose des Propstes. „Wir waren in der Vergangenheit Träger großer und guter Traditionen, haben es aber vielleicht versäumt, diesen Schatz zu erklären und mit persönlicher Überzeugung zu decken. Und jetzt sind wir sprachlos.“ Weiter: „Wir werden uns neu zum Glaubensgespräch befähigen müssen.“
Angesichts der derzeitigen kirchlichen Entwicklung brauche es die Bereitschaft, sich auf ein neues Bild von Kirche einzulassen: „Wir müssen uns bewegen. Wir dürfen nicht erwarten, dass alles immer nur in unserem Dorf stattfindet. Wir müssen uns als Pilger verstehen, die zu den Orten gehen, wo Gottesdienste und Glaubensangebote stattfinden. Und umgekehrt müssen wir gute Gastgeber sein, wenn aus dem Nachbarort andere zu uns in den Gottesdienst kommen. Man muss sich bei uns willkommen fühlen.“
Zu Beginn des Abends hatte sich Kolping-Vorsitzender Gerd Goebel dafür ausgesprochen, nach Jahren der Enttäuschungen wieder eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Natürlich müsse auch die Vergangenheit mit den Missbrauchsfällen, dem Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen, dem Zölibat, den Machtstrukturen, den Verfehlungen im Vatikan, die Behandlung geschiedener Paare sowie der Homosexualität und der Lesben reflektiert und aufgebarbeitet werden. Die Christen seien jedenfalls aufgefordert, sich einzumischen. Gerd Goebel wies auch darauf hin, dass die Katholische Kirche mit ihren Gliederungen und Institutionen einen nicht mehr wegzudenkenden Platz im Eichfeld hat. Nahezu 1 000 Frauen und Männer engagieren sich im Duderstädter St. Martini-Krankenhaus, bei der Caritas, im Hospiz- und Palliativdienst sowie in weiteren Bereichen der Kirche. Der Vorsitzende: „Die Kirche muss sich wieder verstärkt auf ihre ureigenden Ziele konzentrieren, für die Menschen da zu sein, Sozialarbeit verstärkt leisten und Orientierungshilfe zu geben.